Törn „Plan B“

Skippertörn vom 12.-19.07.2019 

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt……

Von langer Hand ist er geplant worden; unser Törn nach England. Gaby, Jörg und Benno hatten es schon auf der Mitgliederversammlung im Februar 2018 verabredet. Gemeinsam sollte es 2019 ein Skippertraining nach England geben. Für Benno ist es der fünfte Anlauf, unter Segeln nach England zu kommen. Aber der Reihe nach.

Am Freitag trifft sich die Crew in Stavoren. Gaby und Jörg sind schon einen Tag vorher angereist. Martin findet den Weg aus Dülmen am Nachmittag und nachdem Karin und Benno auf der Autobahn erfolgreich Starkregen abgewettert haben, treffen auch sie ein. 

Schnell werden die Kabinen verteilt und eingeräumt, denn Ziel ist am Abend noch auszulaufen und Den Oever anzusteuern. So heißt es dann auch gegen 19:00 Uhr „Leinen los“ und hoch am Wind bei 5-6 Beaufort rauschen wir auf fast direktem Wege Den Oever entgegen. Erst ganz zum Schluss im Fahrwasser vor Den Oever  muss der Motor angeworfen werden. Kurz vor 22:00 Uhr bei einbrechender Dunkelheit erreichen wir den Binnenhafen und legen längsseits an. Das istschon mal ein gelungener Auftakt gewesen.

Und dann kommt noch der kulinarische Höhepunkt des Tages. Gaby hat Spareribs und Gemüseauflauf vorbereit:

Spareribs mit Gemüse am Ende des Segeltages…….lecker!!!

Samstagmorgen. Das Wetter ist erst einmal in Natura besser als auf der WetterApp angesagt. Wir wollen zeitig durch die Seeschleuse und noch ein wenig gegen den Strom an, damit wir später den Strom gut mitnehmen können, der uns in die offene Nordsee schieben soll.

Nachdem wir ausgiebig gefrühstückt haben,  kleine Vorräte und die DIALOG für die Überfahrt  vorbereitet haben, geht es pünktlich gegen 11:00 durch die Schleuse…. und der Nieselregen beginnt.

skeptischer Blick vor der Schleuse: Wie will der vor uns anlegen??

Mit dem Eintritt in die Waddenzee verlässt uns auch schon wieder der Regen. Zunächst langsam gegen den Strom, kommen wir zunehmend schneller voran. Die Zeiten haben wir richtig geplant. Schon vor unserer errechneten Zeit von 15:00 Uhr sind wir im Marsdiep, erreichen die offene Nordsee und können Kurs auf unsere Ansteuerungstonne nehmen.

Mit dem Schutz der Inseln verlässt uns auch das ruhige Wasser. Der Wind kommt seit Tagen aus Nordwest. Wir haben zwar nur 4-5 BFT allerdings ganz schön hohe Wellen. und wir müssen am Wind segeln. So steigt die DIALOG stetig und lässt sich dann tief in die Wellentäler fallen. 

Es ist ein anstrengendes Segeln, doch alle sind begeistert. Das ändert sich dann aber leider mit den Stunden. Die Wellen werden höher und Martin wird immer ruhiger. Seekrankheit macht sich bemerkbar und nach kurzer Zeit muss er unter Deck, weil nichts mehr geht. Gegen frühen Abend zeigen sich ähnliche Anzeichen auch bei Karin, so dass wir auch sie gegen 19:30 in die Koje verfrachten. Beide sind sehr tapfer, doch es geht ihnen nicht gut.

An Deck überlegen Jörg, Gaby und Benno kurz die Situation. Die Ansteuerungstonne ist bald erreicht. Danach müssen wir für die nächsten 12 Stunden noch höher an den Wind. Wollen wir das den beiden wirklich zumuten? Der Entschluss ist schnell gefasst: Plan B ist die Ansteuerung Hafen Ijmuiden.

Der neue Kurs wird aufgenommen und mit entspanntem raumen Wind segeln wir nun vorbei an großen Windparks unserem neuen Tagesziel entgegen. Gegen 23:00 Uhr erreichen wir die Kanaleinfahrt Ijmuiden und um 23:30 liegen wir fest längsseits am Ende einer langen Stegreihe fest. Schon bei der Hafeneinfahrt stehen Karin und Martin wieder fest an Deck und unterstützen bereits wieder beim letzten Hafenmanöver des Tages. Schnell noch ein kurzes Abendbrot und alle fallen müde in den Schlaf.

Am nächsten Morgen sind alle wieder wohlauf. Wie soll es nun weiter gehen? Verschiedene Möglichkeiten werden überlegt. Wir entscheiden uns wieder auf die Nordsee zu fahren und die Schelde zu besuchen. Am späten Vormittag kommen wir los und hoffen gegen 20:00 Uhr die Seeschleuse Stellendam zu erreichen. Der Wind hat sich gedreht und wir müssen wieder mit viel Welle an den Wind gehen. Und prompt stellen sich die gleichen Beschwerden vom Vortag bei Martin ein. Er muss wieder unter Deck und sich hinlegen. Wir vier überlegen kurz: Wir fahren ja nicht nur hin sondern müssen dann auch wieder über die Nordsee zurück. Plan B wäre zurück nach Ijmuiden und über Amsterdam ins Markermeer. Schnell sind sich alle Decksgänger einig: plan B wird umgesetzt. 

Um 16:00 passieren wir unseren Hafen von heute Morgen auf Sichtweite und gehen durch die Seeschleuse Ijmuiden in den Kanal Richtung Amsterdam. Dort legen wir in einer Marina für eine Stunde an. Genießen gut vertäut die Reste von den Spareribs und Gemüse. So gestärkt tuckern wir durch Amsterdam. Unterwegs werden wir von netten Wasserschutzpolizisten darauf hingewiesen, dass man in Amsterdam rechts fährt – dabei fahren wir schon soweit rechts :-(.

Ziel ist nun der Leuchtturm vor Marken. Hier wollen wir ankern und morgen weiter nach Vlieland. Sogar ein wenig segeln können wir noch im Markermeer bevor gegen 23:00 Uhr der Anker fällt. Dank digitaler Unterstützung brauchen wir auch keine Ankerwache sondern stellen eine APP für Ankerwache, die wir natürlich erst einmal auf ihre Tauglichkeit testen bevor wir uns in die Kojen verkriechen.

Bevor wir uns schlafen gelegt haben, wurde – natürlich – wieder einmal Plan B für den nächsten Tag beschlossen. Weil wir nicht rechtzeitig die Schleuse Kornweddersand erreichen werden um die Tiede im Wattenmeer nutzen zu können, werden wir einen Tag Zwischenstopp in Stavoren einlegen. Mit dem guten Gefühl, immer flexibel sein zu können  ohne die gute Laune zu verlieren, schlafen wir wohlig ein.

Der nächste Tag verläuft dann auch einmal unspektakulär nach Plan. In Stavoren besuchen wir am Abend den Potvis und sind begeistert nach dessen Neubau und vom guten Essen.

Karin hat den richtigen Kurs nach Stavoren fest im Blick.

Auf nach Kornweddersand. Das Wetter wird zunehmend besser. Der Wind kommt aus der richtigen Richtung. Segeln in den Morgenstunden kann richtig Spaß machen. 

In Kornweddersand ist dann der Bär los. Wo kommen die bloß alle her??  Und dann muss es ja so kommen: direkt vor uns in der Einfahrt zur Schleuse heißt es ROT und wir müssen den Rückwärtsgang einlegen. Zu unserem Glück öffnet die Schleuse für die Berufsschifffahrt ihre Tore für uns Freizeitsegler. Was gibt es doch für Leute unter uns Segler? Während wir uns brav einreihen, rauscht ein schickes, nagelneues fettes Schiff an uns vorbei – rein in die Schleuse, drängt andere in der Schleuse zur Seite und bringt sie in arge Bedrängnis, weil trotz Bugstrahl und aufheulender Maschine das Anlegen an der Spundwand nicht klappen will. Böse Blicke von allen Seiten. „Natürlich ein Deutscher“ – hört man mehrfach. Da ist fremdschämen angesagt.

Neben uns legt ein älteres Pärchen mit Dackel an. Natürlich kommen wir ins Gespräch – es ist ja ein deutscher Dackel, wie das Herrchen stolz das Gespräch beginnt :-). Das lässt die Gemüter schon wieder beruhigen. Hoch lebe die Gelassenheit der Niederländer!!!

Hmm!! wieder Salzwasser in der Luft. Zügig geht es voran. zunächst probieren wir es noch unter Segel. Dann wird es zu eng und wir werfen den Motor an. Obwohl wir sehr spät dran sind, ist es noch recht voll im engen Fahrwasser nach Harlingen. Erst ab Harlingen nach dem Abdrehen in den Blauwe Slenk geht´s wieder unter Segel weiter. 

Unterwegs hören wir dann über Funk: Vlieland ist dicht. Der Hafen ist voll. Das schockt erfahrene Plan B Segler aber nicht mehr. Kurzerhand wird beschlossen, nach Terschelling auszuweichen. Am Nachmittag schläft dann der Wind ein und wir müssen uns schon sehr gedulden voranzukommen. Aber wahre Segler wollen UnterSegel vorankommen und so wir erst zur schmalen Einfahrt in den Slenk nach Terschelling der Motor wieder eingesetzt. Um 17:00 Uhr heißt es dann: sicher festgemacht im Hafen Terschelling – und das ohne im Päckchen liegen zu müssen. Welch ein Komfort! Damit haben wir gar nicht gerechnet. Hier erfahren wir dann auch, dass der Hafen Vlieland lediglich für Plattboden gesperrt worden ist – man sollte Funknachrichten bis zum Schluss genau abhören :-)).

Entspanntes Segeln auf dem Wattenmeer
…trotzdem ist der Blick in die Seekarte nicht verkehrt.
Einfahrt Terschelling
Finden wir einen guten Anlegeplatz?
Vor dem Yachthafen liegen die Plattbodenschiffe in Päckchen.

Hier noch ein paar Eindrück von Terschelling:

Im Schultengatt soll es seit dem Frühjahr eine neue Durchfahrtsmöglichkeit nach Vlieland geben. Das würde mindestens einen halben Tag sparen. Am nächsten Morgen wollen wir das ausprobieren. Eine Betonnung ist vorhanden und wir sind nicht die ersten auf dieser Route an diesem Morgen. Doch kennen wir nicht deren Tiefgang. Mit unseren 1,80m tasten wir uns vorsichtig voran. Noch haben wir die Flut, die uns zusätzlich Wasser unterm Kiel sichert. Sicher kommen wir voran und gelangen nach kurzer Zeit in den Vliestrom. Das wird uns für die Zukunft freuen. Die Gezeiten sollte man aber schon beachten.

Auf die letzten Kabellängen vor Vlieland müssen wir gegen den Strom kreuzen. Wir versuchen es immer wieder, doch jede Wende im engen Fahrwasser vor Vlieland lässt uns wieder zurückfallen. Irgendwann geben wir auf und fahren unter Motor in den Hafen Vlieland ein. Auch hier wird uns gleich ein schöner Liegeplatz zugewiesen. 

Es geht also auch einmal ohne Plan B!!

Vlieland beeindruckt immer wieder durch seine Ruhe ohne Autoverkehr und die Beschaulichkeit des kleinen Dorfes. Die Crew löst sich für einen Nachmittag auf und jeder erkundet die Insel auf seine Weise. Verabredet war ein Zusammenfinden im Ort zum Abend und gemeinsamen Essen. Doch am späten Nachmittag finden sich bereits alle auf der DIALOG wieder ein und es wird kurzerhand beschlossen im Hafenrestaurant zu residieren. Wie sich später herausstellt, war das eine sehr gute Wahl:

Der Wein und das Bier passte zum guten Essen ;-).

Am nächsten Morgen sollte es früh zurück nach Harlingen gehen.

Früh klingelte der Wecker. Ein kurzes Frühstück wurde eingenommen und schon hieß es „Leinen los“ und „Goodbye Vlieland“. Der Wind hat an diesem Morgen gut zugelegt. Doch der Strom ist größtenteils mit uns und wir erleben eine berauschende „Kreuzfahrt“ nach Harlingen. Später hieß es „Benno kriegte das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht“. 

Schon um 11.00 Uhr war Harlingen erreicht. Im alten Binnenhafen wurde längsseits angelegt und sofort Ausschau nach den von Jörg viel beschworenen Poffertjes gehalten. Die sollten auch bald gefunden sein. Das karge Frühstück wurde hier gütlich ausgeglichen. Nach einer Ortserkundung schafften wir es dann gerade noch trockenen Fußes zurück zum Schiff als sich die Himmelsschleusen öffneten und es begann Bindfäden zu regnen. Wir genossen unsere Kuchenbude und waren froh nicht erst am Nachmittag von Vlieland aufgebrochen zu sein.

Bei diesem Wetter MUSSTEN wir den Abend natürlich in der nächstgelegen Kneipe verbringen!! Es war ja auch der letzte gemeinsame Abend und der wollte angemessen begangen werden.  Bei Käpt´n Sparrow wurde lecker gegessen und mit dem ein und anderen Heineken gespült.

Der nächste Morgen begrüßte uns wieder mit Sonnenschein. Lekker Brootje wurden geholt und  ausgiebig gefrühstückt, so dass wir kurz nach 11 Uhr Harlingen verlassen und durch den Boontjes über Kornwerderzand wieder das Ijsselmeer suchen. Die letzten zwei Stunden müssen leider wieder motort werden. Doch das trübt den letzten Tag nicht. Zu Mittag legen wir wieder fest am Heimathafen in Stavoren an.

Was resümieren wir:
Segeln ist keine Eisenbahnfahrt. Wenn Plan B rechtzeitig vorhanden ist, gibt es keinen schlechten Törn